Im Depositorium des Nationalmuseums in Prag befindet sich der Körper einer Giraffe. Ihre Geschichte ist der Ausgangspunkt für eine Gruppenausstellung der Künstler:innen Eva Kot’átková, Jiří Kovanda und Karolína Liberová, die nach ihr benannt ist – Lenka. Die Giraffe wurde in den 1950er Jahren aus Afrika als erste ihrer Art in den Prager Zoo gebracht. Nur vier Jahre, nachdem sie dort untergebracht worden war, starb sie. Die lange Reise, die Trennung des Jungtiers von seiner Mutter und vor allem die mangelhafte Nahrungsversorgung aufgrund der mitteleuropäischen Klimabedingungen trugen zu ihrem vorzeitigen Tod bei. Ihr Körper wurde schließlich vom Nationalmuseum in Prag erworben, wo er präpariert und bis 2005 ausgestellt wurde. Gerüchten zufolge kam es während der Präparation zu einem Unfall: angeblich entwich ein ungewöhnlicher Geruch auf den Wenzelsplatz und ein Teil des Platzes musste vorübergehend abgeriegelt werden.
Vernissage: 15.03.2023, 18:30
Die Ausstellung ist keine bloße Rekonstruktion von Lenkas Geschichte. Sie dient auch als Anregung zum Nachdenken, was uns der Umgang mit diesem Lebewesen über unsere Gesellschaft und die Welt, in der wir leben, sagt. Die Besucher:innen werden aufgefordert, über die Hierarchien nachzudenken, die dazu führten, dass sich die Geschichte der Giraffe so entfalten konnte. Welche Rolle spielen dabei die Museen und Zoos? Genauer gesagt, die Kultureinrichtungen, die Ausstellungen organisieren und eine Bildungs- und Freizeitfunktion in der Gesellschaft erfüllen. Welche Geschichten werden erzählt und welche werden ausgelassen, vertuscht oder gar verdrängt? Welche Rolle spielt hierbei das ausgestellte Objekt selbst? Und was ist tatsächlich wahr?
Die Künstler:innen Eva Kot’átková, Jiří Kovanda und Karolína Liberová verwandeln den Galerieraum in eine fantasievolle Landschaft. In ihren Werken erforschen sie die verschieden ungleichmäßigen Beziehungen zwischen Objekten, Körpern und ihrer Umgebung, wobei verschiedene Aspekte dieses Themas berücksichtigt werden. Gleichzeitig versuchen sie, Lecks aufzuzeigen, die das aktuelle Gefüge schwächen.
Zur Assoziation und zum Nachdenken werden jedoch nicht nur die Betrachter:innen eingeladen, sondern auch die beteiligten Künstler:innen. Hinter der Idee des reaktiven Arbeitens von Jiří Kovanda und Karolína Liberová zur Geschichte, die Eva Kot’átková aufgespürt hat, steht nicht nur ihre enge berufliche Beziehung, sondern auch das Interesse an der Beobachtung der Auseinandersetzung mit dem Sujet von Künstler:innen unterschiedlicher Generationen und Erfahrungen.
Die Gruppenausstellung Lenka erörtert die Geschichte der Giraffe und ihre Zusammenhänge. Aber wie viele Geschichten finden sich nicht nur in Museen, sondern auch in unserer Umgebung, ohne dass wir sie überhaupt wahrnehmen?
Eintritt frei!